
Es hat meist mehr mit den anderen, als mit dir zu tun.
Das habe ich in den letzten Jahren gelernt.
Früher bezog ich alles auf mich. Jegliche Kritik, aber auch schon unausgesprochene, negative Schwingungen nahm ich persönlich. Ich fühlte mich oft verletzt und traurig. Auch heute gibt es noch Situationen, in denen ich mich extrem schlecht fühle, wenn ich denke, etwas falsch gemacht oder andere enttäuscht zu haben, oder auch wenn ich trotz der besten Bemühungen und Absichten negative Reaktionen von aussen erhalte. Wenn ich nun mit etwas Abstand daraufschaue, reduziere ich dadurch meinen Selbstwert immer wieder selber, was dazu führt, dass ich immer wieder den Eindruck habe, nicht "gut genug" zu sein.
Im Gegensatz zu früher wird mir aber immer bewusster, dass die Handlungen und Aussagen von anderen Personen meistens gar nicht viel mit mir, sondern viel mehr mit ihnen selbst zu tun haben. Und dieses Wissen entspannt mich, denn ich kann nun sagen: "Ich bin nicht (an allem) Schuld."
Heutzutage würde ich bei einer ruppigen Bemerkung einer Kollegin nicht gleich darauf schliessen, dass sie mich nicht mag oder ich etwas falsch gemacht habe und sie wütend auf mich ist. Ich schaue das Ganze neutraler an und frage mich: "Wie könnte sie das gemeint haben? Was steckt wohl dahinter, warum hat sie das so gesagt?"
Beim genaueren Hinschauen merkt man, dass es ganz viele Gründe geben könnte. Vielleicht hatte sie einen stressigen Morgen, vielleicht ist sie von etwas anderem genervt, vielleicht steckt dahinter ein Bedürfnis, welches sie nicht formulieren kann.
Vor Kurzem sagte ich ein Treffen mit einer sehr guten Freundin ab, weil ich das Gefühl hatte, es wäre mir zu viel und ich mich gesundheitlich angeschlagen fühlte. Sie antwortete, diese Nachricht würde sie sehr frustrieren, aber es sei wichtig, dass ich auf mich schaue. Ich glaube, früher wäre ich in Tränen ausgebrochen und hätte mich unglaublich schlecht und schuldig gefühlt. Doch dieses Mal war es anders - Ich merkte, dass sie mir ihre Gefühlslage mitteilte, ohne mich direkt dafür verantwortlich zu machen. Und so konnte ich das einfach akzeptieren, und mich auch selber nicht verantwortlich machen und beschuldigen.
Und darum liegt es eben schlussendlich doch an dir. Nicht das Verhalten deines Gegenübers, sondern deine Sichtweise, deine Interpretation entscheidet, wie es bei dir ankommt und was es in dir auslöst.
Beobachte deshalb, welche Aussagen und Handlungen von anderen dich emotional treffen. Welche Situationen machen dich wütend, traurig oder verzweifelt? Welche Gedanken gehen dir dann durch den Kopf, was wirfst du dir oder anderen vor?
Vielleicht erkennst du ein grösseres Thema dahinter, etwas, was sich wiederholt. Dieses Thema hat mit dir selber zu tun. Das Tolle ist: Du kannst auch daran arbeiten und etwas verändern.
Durch das Bewusst-Werden solcher Muster kannst du anfangen, dich in ähnlichen Situationen anders zu verhalten und dich besser abzugrenzen von dem, was von Aussen kommt. Es wird dir nicht immer gelingen, doch auch das Reflektieren im Nachhinein bringt dich Schritt für Schritt weiter. Du wirst deinen Mustern weniger ausgeliefert sein und kannst in Ruhe beobachten und handeln.
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